Hinrichtungen junger Soldaten am alten Wasserwerk
Über die Erschießung von drei jungen Soldaten am Wasserbehälter am Ende der Dürerstraße hat Dr. Fritz Kilthau in verschiedenen Veröffentlichungen berichtet: Ein Kapitel im Buch " 3 Tage fehlten zur Freiheit " oder in den " Ergänzungen 2 " und im alternativen Stadtführer " Nie wieder " erinnern an dieses Verbrechen. Außerdem hat Wolfgang Hamberger z. B. in seinem Buch " Faszination Amerika " einen berührenden Zeitzeugenbericht veröffentlicht.
Dr. Fritz Kilthau hat aber noch weitere Hintergrundinformationen zu den Morden des " Fliegenden Standgerichts " Helm recherchiert. 2017 ging er damit an die Öffentlichkeit. Er beschreibt das Wüten der so genannten Stand-gerichte und geht auch der Frage nach, wie nach dem Krieg mit den Tätern umgegangen wurde.
Leider kennt man nur einen Namen der Erschossenen: Einer der drei Soldaten war der 17jährige Hitlerjunge und Waffen-SS-Anwärter Hans Richard Fuchs aus Ludwigshafen. Nach einem Genesungsurlaub sollte er sich zu seiner SS-Einheit im Raum Wien begeben, hielt sich aber dann wieder bei seiner früheren, ihm vertrauten HJ-Einheit auf, die nun in der Nähe von Bensheim lag. Die SS-Leitstelle in Bensheim hatte davon erfahren und ihn dann zur Auffangstelle für Versprengte geschickt. Zuvor wollte er noch seinen Vater, der in Rimbach stationiert war, besuchen. Zu diesem Zweck entwendete Hans Fuchs bei der SS-Leitstelle ein Fahrrad und fuhr nach Rimbach. Er wurde zurückgebracht und dann dem Fliegenden Standgericht Helm überstellt. Die Fahrt nach Rimbach wurde als vollendete Fahnenflucht gewertet, die von dem Standgericht unter Leitung von Major Erich Helm mit dem Tode bestraft wurde. Nach der Urteilsverkündung hatte der 17jährige Hans Fuchs auf den Knien gefleht, ihn am Leben zu lassen – er würde sich verpflichten, zehn Panzer eigenhändig abzuschießen.
Das Standgericht Helm, dessen erste Gerichtsverhandlung in Bensheim war, zog weiter und verhängte auf seiner Todesroute durch das Maingebiet, Franken und dem Sudetenland mindestens 56 Todesurteile – meist durch Erhängen. Die Verhandlungen waren reine Scheinverhandlungen: Die Todesurteile standen von Anfang an fest und wurden gelegentlich auch schon vor Beginn der Verhandlungen schriftlich niedergelegt – eine militärische Willkürjustiz ohne ordentliche Rechtsprechung. Die Todesstrafe wurde auch für Vergehen verhängt, für die sie als Strafmaß, wie im Falle von Hans Fuchs, völlig überzogen war. Helm zeichnete sich oftmals durch ein äußerst brutales und gewissenloses Verhalten aus: „Na, Jüngelchen, hast Du Dir schon das Zweiglein ausgesucht, an dem Du heute Abend hängen wirst?“, so seine Ansprache an einen jungen Soldaten, der danach hingerichtet wurde.
Kilthau stellt in seiner Broschüre die Lebensgeschichten der maßgeblichen Akteure des Standgerichts vor, insbesondere die Geschehnisse nach Kriegsende. Erich Helm und sein Adjutant Bruno Bähr wurden vom Strafsenat beim Stadtgericht in Ostberlin 1953 zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt, aber bereits nach wenigen Jahren amnestiert. Weitere Mitglieder des Standgerichts wurden vom Landgericht Würzburg 1952 mit relativ kurzem Freiheitsentzug bestraft, aber auch schnell wieder auf freien Fuß gesetzt. Mit einem kurzen Abschnitt über die strafrechtliche Aufarbeitung der Standgerichtsurteile in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR schließt die Broschüre ab.
Die Broschüre kann unter www.arbeitskreis-zwingenberger-synagoge.de bezogen werden.
Broschüre „23. März 1945 – Altes Wasserwerk Bensheim – 3 JUNGE SOLDATEN HINGERICHTET – vom Fliegenden Standgericht Helm verurteilt“
Autor: Dr.-Ing. Fritz Kilthau
28 Seiten, 6 Abbildungen
Herausgeber: Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V.